03 August 2008

Eiger: Spit Verdonesque (Berner Oberland)

Das verlängerte Wochenende mit'm Dirk stand schon fest - nur die Frage nach dem wohin war noch offen: Dolomiten oder Schweiz? Nachdem der Wetterbericht zum Wochenende hin für die Schweiz immer besser wurde, stand das ursprüngliche Ziel recht schnell fest: Eiger - Deep Blue Sea...
Also erstmal in Ruhe die Sonne rauskommen lassen und zusammen mit Tschortschi nach Grindelwald.
Am Parkplatz dann die übliche Qual der Wahl: Was brauch' ma? Nach dem Abendessen gings noch zum verdauen nach Grindelwald auf der Suche nach einer netten Kneipe - Fehlanzeige!?! Erst kurz vor'm Ende wurden wir fündig - und der Rückweg wurde dann auch recht feucht: von oben! Werd scho passen der Wetterbericht...
Leider wollten auch zwei Österreicher die Deep Blue Sea klettern und nachdem wir keine Fans von zwei Seilschaften in alpinen Touren sind, schmiedeten wir neue Pläne: Spit Verdonesque.
Doch erstmal gehts mit der ersten Bahn rauf zur Station Eigergletscher und über den Westgrat zum Einstieg hoch.
Am Einstieg kurz die Ausrüstung umgeschichtet, deponiert und mitgenommen...
Nach dem Abseilen erreicht man das Band, auf dem man zum Einstieg rüberquert. Und es waren neben den Österreichern bereits eine andere Seilschaft am Werke.
Die erste Seillänge der Spit Verdonesque bot zwar erstmal sportliche Abstände, aber super Fels und Leisten.
In der Früh wars noch etwas kühl und Dirk taut seine Gliedmaßen für die zweite Seillänge auf, die mit 7c gleich mal steil losgeht. Dafür gibts viele Bolts und eine wirklich gute Leistenkletterei, die uns an die Zinnen erinnerte.
Die dritte Länge geht erstmal mit einer knackigen Verschneidung los, danach folgt leichtere Wand- und Risskletterei. Auch der Fels wechselt zwischen traumhaft und undefiniertem Chaos ;-)
Jetzt wirds nominal noch mal ernst: Dirk in der 8a-Schlüssellänge.
Anfangs gehts noch ganz gut, aber dann wirft auch Dirk seine Freiklettergedanken weg: ziemlich kratzige Leisten die immer kleiner werden... Aber nach dem zweiten mal Melken, ist's auch erst mal aus: die nächste Colalasche fehlt!?! Jeder Versuch aus der Kletterstellung eine Klemmkeil drüber zu legen scheitert. Jetzt wird tief in der Trickkiste gegraben: 1) Klemmkeilentferner als Cliff -> verabschiedet sich mit einem "pling" wegen der zu runden Form. 2) der Bandschlingen-Lasso-Trick -> einmal hats geklappt - aber nur so lang bis er dran hing. 3) Klemmkeile als Clipstick zusammentapen -> so gehts :-)
Nach 2h Bastelstunden war er endlich am Stand oben. Nun wurds leichter, aber auch alpiner. Wobei die Kletterei wirklich gut ist und schöne Risse und Leisten bietet.
Die folgende Länge schaut schon im Topo mit ihrem hin und her etwas suspekt aus - aber erstmal gehts eine Verschneidung rauf...
..., danach rechts rauf, nun runter in die linke Verschneidung, diese Hoch bis zum feuchten Dach, um die Ecke auf die darüber liegende Platte - feucht - und mit riesigem Seilzug sich an den Stand retten.
Das größte Hindernis der 7. Länge war die kurze, feuchte Verschneidung mit dem anschließendem Vogelklo. Aber als Belohnung folgt eine durchaus schöne Verschneidung.
OK, ab und zu ist der Fels dann doch etwas lose...
Noch eine schwere Länge, dann sollte es keine Schwierigkeiten mehr geben - Grund zur Freude.

Es wurde dann zwar nicht mehr schwer, nur noch unangenehm brüchig: vor allem wenn man im Schotter auf der Suche nach einem Stand ist...
Wolken sind wieder weg und wir werden mit einem herrlichen Sonnenuntergang belohnt.
Nach einer kurzen Querung stehen wir auf dem Westgrat - doch zum Entspannen bleibt wenig Zeit, denn wir wollten doch lieber die Nacht in unseren Schlafsäcken verbringen als hier oben.
Leider streikte Dirk seine Stirnlampe und ich hatte auch nur meine kleine BD Ion dabei. So machten wir uns bei zunehmender Dunkelheit auf den Weg nach unten.
Um eins kamen wir endlich nach diversen verhauern an der Station Eigergletscher an. Sogar das Belohnungsbierchen mußte auf den Nachmittag warten - nur noch rein und schlafen...
Der Weckdienst war etwas ungemütlich, da uns der Wind von einer Seite auf die andere Schaukelte und auch die Isomatten drohten, sich selbständig zu machen :-)
Endlich wieder Sonne - warten auf die Bahn zurück nach Grindelwald.

Doch das Animationsprogramm für uns war auch nicht schlecht: jede Menge asiatischer Besuch, posierend vor einem echten schweizer Bernadiner mit Erste-Hilfe-Fassl ;-)
Und dazu mit Blick auf den Pfeiler mit Spit Verdonesque und Deep Blue Sea.


Facts
Spit Verdonsque [300m, 8a bzw. 7c/A1]
Eiger, Berner Oberland

Gute alpine Sport- bzw. Alpinkletterei mit wechselnder Felsqualität von traumhaft bis Karwendelbruch. Dafür ein wirklich geniales Ambiente und Erlebnis!

Topo
Filidor: Schweiz Extrem - Band 1 (Auflage 2008)
...oder meins hier :-) (BH ohne Gewähr, sonst passt's)
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Material:
  • 60m-Seil - Halbseile wären teilweise von Vorteil gewesen
  • 15 Expressen - können vor allem in der 2. und 4. Länge verbraucht werden
  • 1 Satz Keile
  • Cams 0.5 - 3.5, die Beiden ganz Kleinen (C3's 1 und 2) waren auch ganz nützlich
  • 1 Cliff
Tips:
  • Tour ist in den schweren Passagen recht gut abgesichert: teils neue Bolts wechseln mit alten "Colalaschen" ab; rest ist eher klassisch alpin.
  • Haulbag war zwar ganz praktisch und lies sich meist auch gut nachziehen, aber für eine Tagesbegehung nicht unbedingt notwendig - man darf nur nicht die falschen Fragen ;-)
  • Abstieg über den Westgrat besonders bei Dunkelheit wirklich nicht leicht zu finden. Evtl. bei Licht auch über Deep Blue Sea bis zum Notaustieg abseilen.
  • Falls mit der ersten Bahn gefahren wird, legt man kaum vor 11 Uhr die Hand an den Fels! Aber es gibt durchaus brauchbare Biwak- und Zeltplätze mit Wasser auf dem Weg zum Einstieg oder an der Station Eigergletscher biwakieren. Zustieg dauert eh nur eine gute Stunde.
  • Für angenehme Temperaturen sollte im Tal ca. 20/25°C angesagt sein, wärmende Sonne gibts erst ganz spät...
  • Man sitzt nach dem Abseilen auf das Band in keiner Sackgasse. Es kann (optisch) relativ leicht (ca. 4), wenn auch brüchig, entlang der Abseilpiste zurückgeklettert werden. Unten hängen am letzten Abseilstand sogar zwei Fixseile.