18 April 2009

Tschübel-Gully (Madrisa)

Flo war trotz des mässigen Wetterberichts motiviert mal das Tschübel-Gully an der Madrisa anzutesten. So gings diesmal von Feldkirch aus in einer gemütlichen Stunde nach Gargellen - und zum Liftparkplatz :-) Gleichzeitig mit unserem Eintreffen hat Fr. Holle gerade damit begonnen ihre Betten auszuschütteln. Egal, es gibt später noch genug Möglichkeiten umzukehren bzw. auf Skitour zu gehen...
Und siehe da, noch vor der Auffahrt lockerte es auch schon wieder auf: April, April... - und gab den Blick zur Tour frei, dem Couloir in Bildmitte.
Mit viel Queren gelangt man ohne Aufstieg direkt unter die Felsen rechts des Einstiegs - ideal fürs Skidepot. Und nach nur kurzem Gestapfe kam auch schon das Eis unter die Zacken - bzw. das, was die warmen Frühjahrstemperaturen so übriggelassen haben.

Nach dem ersten Aufschwung geht das Gestapfe erstmal weiter, ehe es ab dem Eisfall endgültig steiler wird.
Ein schöner Eisfall lässt schon mal Klettergefühle aufkommen. Ungewohnt war nur wieder die Materie, da ich das letzte Mal Ende Januar im Eis geklettert bin...
Nach der Länge im Eis bekommt man das Gully, garniert mit Schnee, zum ersten mal zu sehen.
Ab jetzt können die Eisschrauben im Rucksack verschwinden: Rock'n Snow steht nun auf dem Programm. Für kleinere Kletterer kommt hier der schwierigste Part gleich am Anfang, der darin besteht, seine Haxen schneller in die Höhe zu bekommen, als dass der Einstiegsschneehaufen zerfällt. Wäre es nun kälter als nur um die 0° wären die schönen Graspolster bestimmt alle gefroren. Doch so gleicht es mehr der Gartenarbeit in einem vertikalen Beet ;-)
Dann kommt die schöne Kaminlänge, in der sich der Schnee in allen netten und unmöglichen Formationen und Qualitäten ansammelt. Aber es bleibt genug Zeit zum Schneebalkonkuscheln.
Hat man sich dann mal mit der Situation abgefunden und die ganzen Bolts gefunden, lässt sich die Länge aber recht gut klettern.
Neben meinen aufmunternden Zurufen von unten sorgte auch noch die Aprés-Ski-Mukke vom Skigebiet für die passende musikalische Untermahlung. Wobei die richtig gut war und den Flo mit Liedern von Pink Floyed, Green Day und anderen guten Hits nach oben begleiteten.
Vor dem Finale sorgt noch eine kurze Verschneidung für Abwechslung zwischen den Stapfereien.
Ach ja, die Absicherung: beim Klettern freut man sich ja riesig über die zahlreichen Bolts, denn der gesamte Fels in durchaus ziemlich geschlossen und kompakt oder gleich brüchig. Nur an den Ständen dient meist auch nur ein Mammut Longlife zur Fixierung. Ausser wenn der Bolt wie hier abgebunden ist, dient ein Hakl als Rücksicherung :-)
Die letzte schwere Länge: hier galt es ebenfalls dem grundlosen Schnee am Fels zu trotzen. Zwar nicht so easy, aber dafür super abgesichert und über die Hooks im Riss lassen sich die schweren Meter auch gut klettern.
In der gleichen Länge muss nur noch eine kurze Verschneidung durchwühlt werden, dann steht man im oberen Kessel. Hier entschieden wir uns fürs gemütlichere Abseilen und nicht für die letzten leichten Kombi-Meter und den damit verbundenen langen Weg über den Gipfel. Zumal uns dann bestimmt die Einladung zu einem sehr leckeren, griechischen Essen entgangen wäre :-)
Beim Abseilen versuchten wir die einzelnen Abseilbolts mit NH aufzubessern - vergebens. Bedenken bekamen wir erst, als die Hintergrund-Musik zwischenzeitlich zu "Stairways to heaven" anstimmte...
Wieder bei den Skiern kommt man noch zu einem schönen Abfahrtsgenuss direkt hinab ins Tal und über den Ziehweg direkt zum Auto - lässig! Hier konnten wir bei einer Grillparty gleich noch den ersten Appetit stillen, ehe der geniale Tag bei griechischen Köstlichkeiten und Wein beendet wurde...

Facts
Tschübel-Gully (TD+.400m.WI4.M6+ bzw. ED.750m.WI4.M6+)
Madrisa / Rätikon

Laut Führer längster und schwierigster Mixedclimb in Vorarlberg. Fazit: wirklich sehr feine und eindrückliche Kletterei - mit guter Verkehrsanbindung. Doch trotz der vermeintlich guten Absicherung bleibt die Tour anspruchsvoll!

Topo: Panico Eisklettern Bregenz bis Garmisch
Material: ~6 Schrauben, Cams #0 - 2, 60m-Halbseile

Einen weiteren, lesenswerten Eindruck übers Tschübel-Gully bekommt man noch hier.

Tipp: Ich denke, sobald der Eisfall steht, das Gully ein weisses, gesetztes Kleid an hat und die Kälte alles zusammenbackt, kann die Tour bereits ganz gut geklettert werden, zumal die schwersten Passagen eh im Fels sind.